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Deutsch Amerikanische
Freundschaft |
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DAF - ALLES
DAF!
Politisch war es um die Deutsch Amerikanische
Freundschaft im Herbst 2002 nicht allzu gut bestellt. Dafür ist sie
künstlerisch heutzutage stabiler als je zuvor. Wobei es ganz so aussah,
als würde die politische Deutsch Amerikanische Freundschaft für immer
halten. Was sie nicht tat. Und dass es die künstlerische nie mehr geben
würde. Was sie tut. Denn wie so oft im Leben kam alles ganz
anders...
Hinter DAF - wie wir die Deutsch
Amerikanische Freundschaft fortan der Einfachheit halber nennen wollen -
verbergen sich seit Gründung dieses Projekts im Jahre 1978 die beiden so
unterschiedlichen wie innovativen Musiker Robert Görl, der für
sämtliche Kompositionen sowie Schlagzeug und Elektronik zuständig
ist, und Gabi Delgado-Lopez, Texter und Sänger des Duos. Robert und Gabi
trafen sich vor ziemlich genau 25 Jahren im legendären Düsseldorfer
Punk-Szenetreff "Ratinger Hof", diskutierten eine Nacht lang über das
Konzept einer radikal neu-orientierten Band und beschlossen von da ab, am
Konzept von DAF zu feilen.
"Wir hatten uns schnell verständigt",
erinnert Gabi sich an jene DAF-Gründer-Phase, "quasi über Nacht
hatten wir das Konzept für diese Sache erarbeitet. Und das lautete: Wir
sind eine Punk-Band, doch nicht gitarren-lastig, sondern voll-elektronisch. Wir
kennen englische und amerikanische Gruppen, doch wir sind keine Imitation
davon. Wir sind eine Formation aus Deutschland, doch mit der Kultur dieses
Landes haben wir ebenfalls nicht viel zu tun. Wir sind nichts weiter als
aufregend und neu."
Unter dieser Prämisse nahmen DAF im Laufe von
nur vier Jahren fünf Alben auf, die sich blendend verkauften, die sie zu
Wegbereitern der sog. "Neuen Deutschen Welle" machten und die sie selbst im als
deutsche Band nur schwer zu erobernden britischen Markt zu Stars und gar
Titelhelden des "New Musical Express" avancieren ließ. Zum ersten Mal
zierte 1982 eine deutsche Band die Titelseite eines englischen Magazins. Die
Zukunft - dessen waren sich alle sicher - würde DAF gehören.
Doch DAF wollten damals die Zukunft nicht für sich buchen. Das Duo
trennte sich stattdessen kurzerhand voneinander. "Wir wussten damals, wir
hatten dieses Bild namens DAF zu Ende gemalt und wollten nicht weiter in ein
fertiges Bild rein kritzeln", erinnert sich Robert Görl heute, "deshalb
ließen wir die Sache damals einfach ruhen. Offiziell getrennt haben DAF
sich allerdings nie. Wir wollten dieses Projekt erst dann fortführen, wenn
wir ein neues Gemälde beginnen konnten, wenn wir erneut etwas Wegweisendes
zu verkünden hätten."
Im Jahre 2002 ist der Zeitpunkt
gekommen, an dem Robert und Gabi "etwas Wegweisendes" zu verkünden haben -
nach zu hören auf einem neuen Album, so schlicht wie genial "Fünfzehn
Neue DAF-Lieder" betitelt. Die Scheibe enthält genau den Sound, für
den DAF berühmt-berüchtigt ist und der gerade durch seine klassische
Zeitlosigkeit nichts an Originalität eingebüßt hat. DAF ist ein
musikalischer Mikrokosmos, der sich unbeirrt um sich selbst dreht, dabei
allerdings durchaus auf Einflüsse von außen reagiert, um sie in die
ganz eigene kreative Welt zu integrieren.
"Wir sind keine Autisten",
bringt Gabi diese exklusive Herangehensweise auf den Punkt, "wir sind nur
überzeugte Außenseiter. Und wir wissen um unser
Talent."
Große Worte, allerdings vollkommen berechtigt
ausgesprochen. Denn "Fünfzehn Neue DAF-Lieder" steht als einsamer Monolith
in einer berechenbar gewordenen Pop-Welt für sich selbst, geht keine
Kompromisse ein, Gefangene werden nicht gemacht. Da ist er wieder, der
aggressive Sprechgesang von Gabi, unterlegt vom monoton-treibendem
Schlagzeugbeat sowie der bedrohlichen Elektronik von Robert Görl.
Bösartigkeit durchzieht diese Musik, Sinnlichkeit, Sehnsucht und die Lust
an der Provokation. DAF-Songs liebt man abgöttisch oder hasst man
abgrundtief. "Es gibt kein Dazwischen", analysiert Delgado-Lopez das eigene
Werk, "so soll es sein."
Eine derartige Herangehensweise an Kunst
erfordert neben Mut auch Kraft und die richtigen zeitlichen Umstände.
"Gabi und ich", weiß Robert Görl, "wir sind ganz spezielle Freunde -
nicht im herkömmlichen Sinne. Was gut so ist für die gemeinsame
Arbeit. Menschlich und im Alltag haben wir keinerlei Gemeinsamkeiten, wir sind
total unterschiedliche Charaktere. Doch so bald wir den kreativen Austausch
untereinander haben, funktioniert alles zwischen uns perfekt. Gabis Texte und
meine Musik ergeben stets eine extrem explosive Mixtur."
Extrem und
explosiv sind sie in der Tat, aktuelle Stücke wie "Der Sheriff",
"Kinderzimmer" oder "Rock hoch" - und das auf unterschiedlichste Art und Weise.
"Der Sheriff" etwa (im Übrigen die erste Single des neuen Albums) ist eine
bissige Ablehnung der USA und ihrer Anti-Terror- und Kriegs-Politik, die nicht
umsonst von Gabi mit dem Untertitel "anti-amerikanisches Lied" versehen worden
ist. "Kinderzimmer" auf der anderen Seite ist Lob- und Abgesang auf die RAF
gleichermaßen, sein Urteil über dieses Thema soll der geneigte
Hörer sich bitteschön selbst bilden. "Rock hoch", von Gabi passend
mit "Sexlied" unterbetitelt, kokettiert mit der obsessiven Lust am Voyeurismus.
Auf diese Weise könnte man jeden der "Fünfzehn Neuen DAF-Lieder"
analysieren und sezieren. Man wird vom einen schockiert sein, vom anderen
angeekelt, vom nächsten zu Tränen gerührt - und garantiert immer
ist man emotional bewegt, auf welche Weise auch immer. Alles
DAF!
Görl und Delgado-Lopez sind - wie stets - aktuelle Trends
egal, ihnen geht es nach wie vor um die Neuerfindung ihrer selbst. Nicht
umsonst meint Gabi über "Fünfzehn Neue DAF-Lieder": "Es ist eine
klassische DAF-Platte geworden, sie knüpft in meinen Ohren nahtlos an
"Alles ist gut", unser bisheriges Meisterwerk, an." Und Görl fügt
ergänzend hinzu: "Wir haben auf der CD bewusst durchgehend analoge
Technologie verwendet, denn wir wollten "DAF pur" wieder ins Leben rufen.
Analoge Technologie ist für mich gleich zu setzen mit Intensität und
Emotionalität im Sound."
Einzige Neuerung im radikalen
"DAF-Konzept": Die Texte sind länger als bislang von Gabi gewohnt
ausgefallen: "Unsere Stücke", erklärt Delgado-Lopez, "stehen zum
einen in einer klassischen Lieder-Tradition, zum anderen hat sich in denn
letzten 20 Jahren, seit ich mit den DAF-Texten das deutsche Liedgut radikal
beeinflusst habe, eine Menge in der nationalen Pop-Musik getan. Vor allem durch
den einheimischen HipHop hat sich eine Menge in den Hörgewohnheiten der
Leute in Deutschland verändert, ebenfalls durch "Slam Poetry" sind die
Menschen offener für eine andere Herangehensweise an deutsche Texte als
etwa in den 70er Jahren. Dennoch entstehen meine Verse sehr spontan, wie
gehabt. Und nach wie vor geht es mir um die radikal subjektive Widerspiegelung
von Realität aus der Sicht eines Outsiders. Ich provoziere auch gerne - im
täglichen Leben wie in der Kunst." Und dann bringt Gabi das DAF-Konzept
auf den Punkt:
"Wir machen Musik für den Hintern wie fürs
Hirn. Musik, die rhythmisch und intelligent zur gleichen Zeit ist.
Hauptsache, sie bewegt."
Dass es DAF nach so langer
Zeit des Stillstandes heutzutage wieder gibt, ist für Robert Görl
nicht ungewöhnlich: "Eine DAF-Reunion lag immer in der Luft", konstatiert
er, "sie war nur eine Frage der Zeit. Wir waren ja nie Feinde, hatten irgendwie
konstant Kontakt zueinander. Doch vor rund zwei Jahren war definitiv der
richtige Zeitpunkt für diese Angelegenheit, wir hatten genügend
Ideen, um sie ernsthaft in Angriff zu nehmen."
Eine interessante Analyse
für den Außenstehenden, denn tatsächlich verfolgten Gabi wie
Robert völlig andere Lebensentwürfe in den Jahren nach ihrer
Stilllegung von DAF. Gabi etwa kümmert sich ausgiebig um Projekte in den
Bereichen virtueller Kunst, Internet-Präsenz oder "Playstation"- und
DJ-Auftritte. Robert hingegen reist permanent durch asiatische Länder wie
Thailand, Indien, Bangladesh oder Nepal, um in dort ansässigen
Klöstern nach spiritueller Erleuchtung zu fahnden. Beide sehen in den
gesammelten Erfahrungen der letzten Jahre den Weg, der ihr Leben bestimmt - was
sie nicht daran hinderte, DAF erneut einen Anstoß zu verpassen. "Es geht
uns nicht um Geld oder um den Revival-Gedanken oder um eine blöde Form von
Nostalgie", erklärt Robert Görl. "Es geht darum, dass zwischen Gabi
und mir eine spezielle Form der Symbiose und Synthese besteht, die einzigartig
in der Welt ist. Diese Energiequelle heißt es zu
nutzen."
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